Zum Abschluss unserer Interviewreihe zur Open Access Week 2017 nimmt Maik Pflugradt, Doktorand am Fachgebiet Elektronik und medizinische Signalverarbeitung der Fakultät IV, Bezug zum Publikationsfonds der TU Berlin.
UB TU Berlin / Foto: D. Grahl, Grafik: F. Zillmer / CC BY 4.0
UB: Open Access ist ein strategisches Ziel der TU Berlin. Wie sieht das in Ihrem Forschungsalltag aus? Ist Open Access ein Begriff? In welchen Kontexten nehmen Sie Diskussionen zu Open Access wahr?
MP: Open Access ist definitiv ein Begriff. Spätestens wenn bei einer ausführlichen Literaturrecherche ein Großteil der Publikationen aufgrund kostenintensiver Zugänge nicht zur Verfügung steht, setzt man sich automatisch mit dem Thema auseinander. Diskutiert wird hierbei natürlich viel. Zum einen ist klar, dass die Infrastruktur, welche die Verlage bieten, irgendwie finanziert werden muss. Auf der anderen Seite sind teure Lizenzen für einzelne Zeitschriften ein großes Hindernis für die Wissenschaft. Hitzige Diskussionen entstehen hier auch unter Kollegen schnell, insbesondere weil man bei traditionellen Journals sowohl als Autor für eine Einreichung sowie als Leser für eine Anfrage zur Kasse gebeten wird. Das hat dann oftmals einen bitteren Beigeschmack, vor allem auch dann, wenn man zusätzlich seine Energien für Review-Angelegenheiten gratis zur Verfügung stellt. Die Open-Access-Idee wirkt dem selbstverständlich entgegen.
UB: Open Access hat den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Information zum Ziel. Gemeinsam mit Co-Autoren publizierten Sie kürzlich in einem OA-Journal. Wie kam es zur Auswahl des Journals?
MP: Bei der Auswahl eines geeigneten Journals spielen natürlich mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen muss das übergeordnete Thema der Zeitschrift zur eingereichten Arbeit passen. Das ist ganz logisch. Idealerweise werden dann Journale ausgewählt, die einen möglichst hohen Impact Factor aufweisen. Außerdem möchte man in der Regel seine eigenen Ergebnisse einer möglichst großen Leserschaft zur Verfügung stellen, was durch Open Access in jeder Hinsicht begünstigt wird. Für die Ergebnisse eines effizienten Ansatzes zur Erkennung von Extrasystolen mit unserem neu entwickelten Sensorsystem erschien uns das Open-Access-Journal „Sensors“ mit seinem recht hohen Impact Factor sehr attraktiv, welches angenommene Artikel allen Lesern frei zur Verfügung stellt. Zusätzlich konnten bei diesem Journal die Artikelgebühren vom Publikationsfonds der TU Berlin übernommen werden, was dann die endgültige Entscheidung gab.
UB: Gab es bereits konkrete Situationen in Ihrem Forschungsalltag, in denen Open Access hilfreich war?
MP: Definitiv. Ein Beispiel sind eigene Publikationen, die bei einem Verlag veröffentlicht sind, der keinen freien Zugang auf die Veröffentlichungen gewährt. Kommen dann Anfragen von anderen Wissenschaftlern, ob ein Manuskript dieser Veröffentlichung „am Verlag vorbei“ versendet werden kann, ist dies stets mit Aufwand verbunden. Bei Open-Access-Publikationen entfällt dieser Stress für den Autor, da die Publikationen weltweit frei zugänglich sind.
UB: Bis 2020 sollen laut Open-Access-Strategie des Landes Berlin mindestens 60 Prozent der Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften frei zugänglich sein. Erscheint Ihnen dieses Ziel sinnvoll? Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern, damit dieses Vorhaben gelingen kann?
MP: Dieses Vorhaben halte ich definitiv für sinnvoll. Initiativen wie der Publikationsfonds der TU Berlin mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind dabei eine großartige Hilfe, um das enge Budget der Fachgebiete zu entlasten und mehr Open-Access-Beiträge zu fördern.
UB: Geben Sie uns zum Abschluss einen Einblick in Ihr Forschungsfeld für Disziplinfremde? Mit welchen Fragen und Erkenntnissen beschäftigen Sie sich?
MP: Am Fachgebiet für Elektronik und medizinische Signalverarbeitung an der Fakultät IV arbeiten wir vorrangig an der Entwicklung von drahtlosen Sensornetzwerken zur kontinuierlichen Erfassung verschiedener Biosignale wie beispielsweise dem EKG oder der arteriellen Pulskurve. Mithilfe der gewonnenen Daten beschäftigen wir uns u. a. mit ungelösten Problemen aus der Signalverarbeitung. Darunter fallen beispielsweise neue Methoden zur Signalqualitätsschätzung, zur Artefaktunterdrückung oder zur physiologischen Merkmalsextraktion. Dabei wird oft das Ziel verfolgt, bestehende diagnostische und therapeutische Methoden zu unterstützen und teilweise oder vollständig zu automatisieren.
Zur Person
Nach seinem Studium der Technischen Informatik an der TU Berlin ist Maik Pflugradt aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät IV tätig. Im Rahmen seiner Promotion am Fachgebiet Elektronik und medizinische Signalverarbeitung beschäftigt er sich mit kontinuierlichen Langzeitblutdruckttrendschätzungen mit drahtlosen Sensorsystemen.
Zu den weiteren Teilen der Interviewreihe:
Vanessa Bach: „Ein guter Ruf und angemessene Qualitätssicherungsverfahren sind wichtige Kriterien bei der Wahl eines Open-Access-Journals“
Thorsten Burandt & Konstantin Löffler: „Der offene Wissensaustausch macht Open Access so spannend.“
Prof. Nina Langen: „Die Einengung auf den Impact Factor als Bewertungssystem der Wissenschaft sollte überdacht werden.“
Prof. Marga Lensen: „Open Access steigert die Sichtbarkeit der Publikationen meines Fachgebiets deutlich.“
Prof. Robert Liebich: „Nicht-kommerzieller Open Access ist alternativlos und wird die Zukunft sein.“