Prof. Andreas Vogelsang ist Juniorprofessor für IT-basierte Fahrzeuginnovationen an der Fakultät IV. Sein Fachgebiet hat sich entschieden, alle Publikationen in Form von Zweitveröffentlichungen Open Access verfügbar zu machen, denn die Forschungsergebnisse sollen weltweit nutzbar sein. Wir haben ihn gefragt, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist und welchen Stellenwert Open Access für sein akademisches Schaffen hat.
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UB: Open Access ist ein strategisches Ziel der TU Berlin. Wie sieht das in Ihrem Forschungsalltag aus? Ist Open Access ein Begriff? In welchen Kontexten nehmen Sie Diskussionen zu Open Access wahr?
AV: Für uns ist es wichtig neueste Forschungsergebnisse sehr schnell und in der Community zugänglich zu machen – und zwar für alle Forscherinnen und Forscher. Gerade bei hochaktuellen Themen wie der Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) im Entwicklungsprozess müssen und wollen wir unsere Forschung möglichst schnell publik machen. Dabei spielt Open Access eine zentrale Rolle. Insgesamt merken wir, dass das Bewusstsein für frei zugängliche Forschung in unserer Community stärker wird. Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die sich inzwischen zum Beispiel weigern, Gutachten für Journale zu erstellen, die von bestimmten Verlagen herausgegeben werden.
UB: Open Access hat den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Information zum Ziel. Sie haben sich in Ihrem Fachgebiet dazu entschieden, wenn möglich alle Publikationen Open Access zu stellen und setzen dabei vor allem auf den Grünen Weg, das heißt die Zweitveröffentlichung auf dem Repositorium der TU Berlin. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
AV: Für uns war es eine Trade-Off Entscheidung. Zum einen sind wir von den Vorteilen von Open-Access-Publikationen überzeugt, zum anderen wollen wir unsere Forschung natürlich in den wichtigsten und angesehensten Journalen und Konferenzen publizieren. Diese bieten aber zurzeit leider keinen Open-Access-Zugang über den goldenen Weg an. So bietet der grüne Weg für uns eine gute Möglichkeit, beides zu kombinieren – das Renommee der Journale bzw. Konferenzen und den freien Zugang.
UB: Gab es bisher konkrete Situationen in Ihrem Forschungsalltag, in denen Open Access hilfreich war?
AV: Ich bekomme über Forschungsnetzwerke regelmäßig Anfragen für unsere Forschungsartikel. Dank der OA-Initiative der TU Berlin kann ich in den allermeisten Fällen sehr schnell und unkompliziert ein Pre- oder sogar Post-Print zur Verfügung stellen.
UB: Bis 2020 sollen laut Open-Access-Strategie des Landes Berlin mindestens 60 Prozent der Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften frei zugänglich sein. Erscheint Ihnen dieses Ziel sinnvoll? Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern, damit dieses Vorhaben gelingen kann?
AV: Das Ziel erscheint mir absolut sinnvoll und erstrebenswert. Das OA-Team der TU Berlin bietet den Fachgebieten schon jetzt einen super Service an, um Publikationen frei zugänglich zu machen [Anm. d. UB: Gemeint ist der Zweitveröffentlichungsservice.]. Um das Ziel zu erreichen, muss dieser Service allerdings noch etwas attraktiver werden. Konkret heißt das, der Prozess muss noch etwas schneller und stärker automatisiert werden.
UB: Kurz und knapp in einem Satz: Was finden Sie gut an Open Access?
AV: Meine Forschung ist das Herzstück meines beruflichen Schaffens. Darum soll meine Forschung für möglichst viele frei, schnell und einfach zugänglich sein. Nur Open Access bietet diese Möglichkeit.
UB: Geben Sie uns zum Abschluss einen Einblick in Ihr Forschungsfeld für Disziplinfremde? Mit welchen Fragen und Erkenntnissen beschäftigen Sie sich?
AV: Immer mehr Geräte und Maschinen, die wir tagtäglich nutzen, werden immer stärker durch Software beeinflusst und gesteuert. Dazu gehört zum Beispiel auch das Automobil. Wir beschäftigen uns damit, wie die komplexe Software in solchen Systemen schneller, sicherer und zuverlässiger entwickelt werden kann.
UB: Herzlichen Dank für das Interview!
Zur Person
Andreas Vogelsang (ORCiD: https://orcid.org/0000-0003-1041-0815, Twitter: @andivogelsang) ist in seiner Laufbahn weit gereist: Er hat an der Universität Paderborn, der Universität Augsburg, der TU München sowie der LMU München studiert. Vor und nach der Promotion an der TU München war er zu Auslandsaufenthalten am NICTA Sydney (Australien) und der Universität Göteborg (Schweden). Seit August 2016 hat er die Juniorprofessor für IT-basierte Fahrzeuginnovationen inne. Er forscht – anwendungsorientiert und in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern insbesondere aus dem Automobilbereich – zu modellbasierten Anforderungsanalysen und Softwarearchitekturen eingebetteter Systeme. Er hat bereits über 45 Publikationen in renommierten Journalen und präsentiert seine Ergebnisse bei internationalen Konferenzen, u.a. IEEE Software, International Conference on Software Engineering (ICSE) und IEEE International Requirements Engineering Conference (RE). Prof. Vogelsang leitet die Software Engineering Gruppe am Daimler Center for Automotive IT Innovations (DCAITI) der TU Berlin. 2018 wurde er zum Junior-Fellow der Gesellschaft für Informatik (GI) ernannt.
Zu den weiteren Teilen der Interviewreihe:
Dr. Elena Matta (FG Wasserwirtschaft und Hydrosystemmodellierung): „Bei Zweitveröffentlichungen müssen Details beachtet werden, aber eigentlich ist es ganz einfach, Open Access zu publizieren.“
Robert Jungmann (FG Organisationssoziologie): „Meine Dissertation erscheint bei einem etablierten Verlag und ist sowohl Open Access verfügbar als auch über den Buchhandel erhältlich.“