Anlässlich der internationalen Open Access Week 2017 haben wir TU-Angehörige zum Thema Open Access befragt. Los geht es mit Thorsten Burandt und Konstantin Löffler vom Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) der Fakultät VII. Open Access und Open Source sind feste Bestandteile des Forschungsalltags der beiden, ein Großteil ihrer Arbeit basiert auf frei verfügbaren Quellen.
UB TU Berlin / Foto: D. Grahl, Grafik: F. Zillmer / CC BY 4.0
UB: Ein Einblick in Ihr Studien- und Forschungsfeld für Disziplinfremde: Mit welchen Fragen und Erkenntnissen beschäftigen Sie sich?
KL: Im Rahmen meines MINE-Master-Studiums habe ich mich viel mit empirischen Methoden sowie Operations Research beschäftigt. Dies hat zu einem Studienprojekt im Bereich der Energiesystemmodellierung geführt, was seitdem das Forschungsthema ist.
TB: Genau genommen geht es um die Modellierung eines stark dekarbonisierten, weltweiten Energiesystems bis 2050 – mit der grundlegenden Frage, ob eine Welt basierend auf 100% erneuerbaren Energien vorstellbar ist. Hierfür haben wir ein mathematisches Modell aufgestellt, das entsprechende Berechnungen ermöglicht.
KL: Hierbei stoßen wir auf die Erkenntnis, dass ein Energiesystem basierend auf 100% erneuerbaren Energien für das Jahr 2050 technisch machbar und wirtschaftlich tragbar wäre, allerdings auch einige Herausforderungen bietet.
UB: Open Access ist ein strategisches Ziel der TU Berlin. Wie sieht das in Ihrem Forschungsalltag aus? Ist Open Access ein Begriff? In welchen Kontexten nehmen Sie Diskussionen zu Open Access wahr?
KL: Open-Access ist definitiv ein Begriff sowie fester Bestandteil unseres Forschungsalltags. Alleine da unser Modell eine Anwendung des sogenannten „Open-Source Energy Modeling System (OSeMOSYS)“ ist und mit Quellcode und Daten veröffentlicht werden soll, sind wir konstant im Bereich Open Source und Open Access unterwegs. Insgesamt wird dies auch – gerade bei der Kooperation zwischen Forschern – stets positiv wahrgenommen, speziell im Bereich Open Data.
UB: Open Access hat den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Information zum Ziel. Die Ergebnisse eines Studienprojektes habt ihr in einem OA-Journal publiziert. Wie kam es zur Auswahl des Journals?
TB: Das Open Access Journal „Energies“ ist herausgestochen, da es eine Sonderausgabe zu „Energy Market Transitions“ in Planung hatte – ein Thema, das perfekt auf unsere Arbeit passt. Zusätzlich dazu kam uns der Open-Access-Gedanke sehr gelegen, da dies unsere Einstellung und den Charakter unserer Modellarbeit gut einfängt.
UB: Gab es bereits konkrete Situationen in Ihrem Studien- oder Forschungsalltag, in denen Open Access hilfreich war?
KL: Im Endeffekt basiert ein Großteil unserer Arbeit auf Open-Access- bzw. Open-Source-Publikationen. Da unser Modell „GENeSYS-MOD“ (Global Energy System Model) aus dem frei verfügbaren OSeMOSYS-Modell entstanden ist und darauf aufbaut, waren wir von Anfang an damit in Kontakt. Auch große Teile der Datenarbeit basieren auf frei verfügbaren Quellen.
UB: Bis 2020 sollen laut Open-Access-Strategie des Landes Berlin mindestens 60 Prozent der Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften frei zugänglich sein. Erscheint Ihnen dieses Ziel sinnvoll? Was muss sich verändern, damit dieses Vorhaben gelingen kann?
TB: Das Ziel ist definitiv sinnvoll und wünschenswert. Allerdings sollte auf die Möglichkeit, Open Access zu publizieren sowie auf Angebote wie den Open-Access-Publikationsfonds verstärkt aufmerksam gemacht werden. Denn gerade dort liegt meiner Meinung nach eine Schwachstelle – dass über diese Möglichkeiten und Journals nicht genug aufgeklärt wird.
UB: Herzlichen Dank für das Interview!
Thorsten Burandt ist Doktorand an der TU Berlin am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Vorher hat er an der TU seinen Master im Fach Wirtschaftsingenieurswesen absolviert. Seine Schwerpunkte für die Forschung liegen im Bereich stark dekarbonisierter Energiesysteme und quantitativer Methoden.
Konstantin Löffler ist derzeit in den letzten Zügen seines Masters (Industrial and Network Economics) und strebt danach eine Promotion an. Nebenbei ist er als Projektmitarbeiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sowie am Lehrstuhl Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik tätig. Die Forschungsschwerpunkte überschneiden sich mit denen von Thorsten Burandt.
Zu den weiteren Teilen der Interviewreihe:
Vanessa Bach: „Ein guter Ruf und angemessene Qualitätssicherungsverfahren sind wichtige Kriterien bei der Wahl eines Open-Access-Journals“
Prof. Marga Lensen: „Open Access steigert die Sichtbarkeit der Publikationen meines Fachgebiets deutlich.“
Prof. Nina Langen: „Die Einengung auf den Impact Factor als Bewertungssystem der Wissenschaft sollte überdacht werden.“
Prof. Robert Liebich: „Nicht-kommerzieller Open Access ist alternativlos und wird die Zukunft sein.“
Maik Pflugradt: „Open Access ermöglicht, dass meine wissenschaftlichen Ergebnisse weltweit frei zugänglich sind.„