Requiem für den Universitätsverlag der TU Berlin

Insgesamt 53 Jahre hat der Universitätsverlag der TU Berlin bestanden. Er war damit der älteste deutschsprachige Universitätsverlag. Es tat weh, dieser langjährigen Tradition im Jahr 2022 ein Ende zu bereiten. 

Der an der Universitätsbibliothek der TU Berlin angesiedelte Verlag stellte am Jahresende seine Tätigkeit zugunsten des Verlages Berlin Universities Publishing (BerlinUP) ein. BerlinUP ist nun der Open-Access-Verlag der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité − Universitätsmedizin Berlin. Damit haben die Wissenschaftler*innen der TU Berlin weiterhin die Möglichkeit, ihre Publikationen in einem wissenschaftseigenen Verlag zu veröffentlichen.

Quelle: https://pxhere.com/de/photo/1184687 | CC0 1.0

Der Universitätsverlag der TU Berlin hat über Jahrzehnte die Marke TU Berlin gestärkt und sie international sichtbar gemacht. Über 600 weltweit lieferbare gedruckte Publikationen und ebenso viele Online-Veröffentlichungen unter dem Logo des Verlages haben das Image der Universität innerhalb der nationalen und internationalen Hochschullandschaft mitgeprägt. Neben der Markenbildung nach außen wirkte der Universitätsverlag aber natürlich auch identitätsstiftend nach innen. Den Wissenschaftler*innen war es wichtig, unter der Corporate Identity der eigenen Hochschule zu publizieren. Wir freuen uns, dieses Privileg nun auch den anderen Universitäten im Berliner Verbund bieten zu können.

Ein Blick in die Geschichte: Der verlegerische Service der Universitätsbibliothek entlastete in den 1970er- und 1980er-Jahren zunächst die Institute und Fachgebiete von der aufwändigen Arbeit der Vorbereitung und Veröffentlichung von Publikationen, die sie nebenbei in Eigenregie organisierten. Häufig fehlte ihnen das notwendige Wissen, wie man eine Publikation zu einer weltweit sichtbaren und recherchierbaren Veröffentlichung macht. Das Ergebnis war eine große Menge sogenannter „grauer Literatur“, die in den einschlägigen Katalogen und Datenbanken nicht nachgewiesen und somit nicht oder nur sehr schwer zu finden war. Für eine Professionalisierung bot sich die Universitätsbibliothek an – wegen ihrer Nähe zum Publizieren und der Kenntnis der wichtigsten Erfordernisse für ein in guter Qualität erscheinendes Buch.

Zu Beginn stand die Vergabe der ISBN durch die Universitätsbibliothek. Bis 2022 wurden 3.300 ISBN vergeben, die erste 1965, bereits vier Jahre vor der offiziellen Gründung des Verlages. Für den Bücherdruck war anfangs vor allem die damals noch bestehende TU-Hausdruckerei zuständig. Die Mehrwerte lagen von nun an im verlässlichen Vertrieb und der korrekten Verzeichnung der Schriften in bibliothekarischen und buchhändlerischen Datenbanken. Über die Jahre wurden mehr und mehr Schriftenreihen gegründet, von denen 32 bis 2022 bestanden.

Mit dem Betrieb des Repositoriums der TU Berlin begann 1999 eine neue Ära des wissenschaftlichen Publizierens an der Universität. Schritt für Schritt wurden die ersten im Universitätsverlag erschienen Publikationen sofort oder mit zeitlicher Verzögerung online auf dem Repositorium veröffentlicht. Das älteste Online-Dokument des Universitätsverlages ist mittlerweile über 20 Jahre alt und stammt aus dem Jahr 2001.

Im Impressum der Publikationen stand über 35 Jahre lang beim Punkt „Verlag“ das Wort „Publikationsstelle“. Im Jahr 2004 bekam die Einrichtung den Namen, der ihr zusteht: „Universitätsverlag der TU Berlin“. 

Über die Jahre wurde der Verlag immer professioneller. Im Jahr 2013 wurde noch einmal ordentlich an den verlagsinternen Schrauben gedreht: Das Geschäftsmodell wurde umgestellt, die Workflows wurden optimiert, die Cover neu entworfen und die Verlagsverträge neu gefasst. Die Qualitätssicherung gewann einen höheren Stellenwert. Jedes Buch durchlief einen aufwändigen Qualitätssicherungsprozess zur Gewährleistung der formalen Qualität. Alle Manuskripte wurden Seite für Seite durchgesehen, auf formale, typografische und layouttechnische Fehler hin geprüft und in einem iterativen Prozess gemeinsam mit den Autor*innen zur Druckreife geführt. Die Herausgeber*innen der Schriftenreihen sorgten für die inhaltliche Qualität der Publikationen.

Ein Meilenstein waren die 2015 veröffentlichten Open-Access-Leitlinien des Verlages, deren erster Punkt das festschrieb, was bereits seit einigen Jahren Alltag war: „Alle Publikationen des Universitätsverlages der TU Berlin erscheinen grundsätzlich online – Open Access – und bei Bedarf zeitgleich in gedruckter Form.“ 

Einen großen Stellenwert nahm die enge Betreuung der Autor*innen ein. Es gab und gibt einen sehr hohen Beratungsbedarf. Ganz oben stehen urheberrechtliche Fragen, Fragen zu Open Access, zu Publikationsmöglichkeiten überhaupt und zur Langzeitverfügbarkeit. Die Universitätsbibliothek übernimmt die Verantwortung, die Forschenden nicht nur wie bisher in ihrer Rolle als Leser*innen, sondern neu auch in ihrer Rolle als Autor*innen zu unterstützen. Eine Rolle, der sie ohne den Universitätsverlag nicht in diesem Maße hätte gerecht werden können.

Warum der Abbruch der langjährigen Tradition? Die Rolle von Verlagen wandelt sich. Das wissenschaftliche Publizieren ist im Umbruch begriffen. Nichtkommerzielle wissenschaftsnahe Publikationsdienste werden wichtiger. In einrichtungsübergreifenden Publikationsmöglichkeiten steckt ein großes Entwicklungspotential, so lassen sich Synergien nutzen. 

All unsere Erfahrungen und all unsere Expertise aus der 53-jährigen Geschichte des Universitätsverlages bringen wir nun in den Verlag Berlin Universities Publishing ein. Die Universitätsbibliothek der TU Berlin verantwortet in diesem Verlag die Büchersparte BerlinUP Books. Der Universitätsverlag verschwindet somit nicht ganz, sondern zeigt sich unter neuen Vorzeichen in einem neuem Gewand, aber in altbewährter Qualität!

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