Reclaiming research! Der Fair-OA-Fonds der TU Berlin

2024 startet die Universitätsbibliothek einen Fair-Open-Access-Fonds. Damit wird die bereits existierende Förderung von Open Access weiter ausgebaut. Augenmerk bei der Finanzierung von Fair OA sind Publikations- oder Infrastrukturprojekte, die nachhaltige und offene Publikationsstrukturen stärken, Vielfalt anstatt Monopolismus fördern und Kooperation als Triebkraft von Innovation sehen.

Wendepunkt in der Open-Access-Finanzierung

Die Open-Access-Bewegung setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, dass wissenschaftliche Inhalte im Internet frei verfügbar sind und folgt damit dem wissenschaftsethischen Imperativ des digitalen Zeitalters: Wissenschaftliche Erkenntnisse können und sollen sofort und online frei zur Verfügung gestellt werden, ohne technische, rechtliche oder finanzielle Barrieren. Je mehr sich Open Access in den letzten Jahren in der Wissenschaftskommunikation etabliert hat, umso mehr zeigen sich die Herausforderungen in der praktischen Umsetzung. Großverlage haben Open Access als Geschäftsmodell entdeckt und Transformationsverträge, die zum einen Kosten für den Zugriff auf Closed-Access-Inhalte und Kosten für Open-Access-Publikationen umfassen, sind zum Standard geworden. Maßgeblicher Grund dafür sind in Deutschland auch die DEAL-Verträge, die für alle deutschen Einrichtungen Rahmenverträge mit den großen internationalen Verlagshäusern Wiley, SpringerNature und (neu ab 2024) Elsevier verhandelt wurden. Fünf Jahre nach dem ersten Vertragsabschluss zeigt sich: Auch im Rahmen von Open Access halten kommerzielle Verlage an ihren überdurchschnittlichen Profitmargen fest. Die Finanzierungskrise wird zur Publikationskrise. 

A round “open” neon in white and red
Bildnachweis: Finn Hackshaw finnhackshawRound open neon (Unsplash)CC0 1.0

Die kommerzielle Verwertung wissenschaftlicher Inhalte wird auch auf europäischer Ebene kritisiert und der Ruf nach fairen, nachhaltigen und konsortialen Finanzierungsmodellen wird lauter. Publikationsinitiativen, die nicht auf Profitmaximierung ausgelegt sind und in den Händen der Wissenschaft bleiben, stellen eine Alternative für eine nachhaltige Umsetzung von Open Access dar. 

Was genau meint Fair Open Access? 

Fair Open Access (nicht zu verwechseln mit dem FAIR-Konzept von Forschungsdaten) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Strömungen, die ein Gegenmodell zu dem monopolartigen, profitorientierten Publikationssystem aufbauen wollen, welches die Transformation hin zu Open Access ausschließlich als Transformation von subskriptionsbasierten Kosten (Kosten für lesenden Zugriff auf Inhalte) hin zu publikationsbasierten Kosten (Kosten für die Publikation) versteht. Die verschiedenen Strömungen setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte und verwenden unterschiedliche Begriffe.

Diamond Open Access

Diamond Open Access beschreibt ein Finanzierungsmodell von Open Access, welches sich nicht auf Publikationsgebühren für Autor*innen stützt. Wichtig ist dabei vor allem, dass es nicht nur um die Sichtbarkeit der Publikationskosten für die jeweiligen Autor*innen geht. Bei Transformationsverträgen zahlen Institutionen (häufig über die Bibliotheken) für die Anzahl der Publikationen bei einem Verlag; für die Autor*innen ist dies jedoch nicht unbedingt sichtbar. Bei ‚Diamond OA‘ geht es um eine andere Finanzierungslogik, bei welcher Bibliotheken Publikationsinitiativen finanziell unterstützen, unabhängig von der Anzahl der Publikationen der eigenen Forschenden. Demnach geht es einerseits mehr um die inhaltliche Relevanz für eine Einrichtung (wie auch bei subskriptionsbasierten Finanzierungsmodellen) und andererseits um Preismodelle, die das Finanzvolumen einer Einrichtung berücksichtigen. Diamond-Open-Access-Modelle verstehen sich als solidarischen Ansatz, bei welcher größere Einrichtungen häufig auch einen größeren Anteil finanzieren.

Scholar-led Open Access 

Scholar-led OA wird häufig übersetzt als ‚wissenschaftsgeleitetes Open Access‘. Gemeint ist nicht nur die Organisation von Publikationsinitiativen durch Forschende selbst, sondern auch eine Not-for-Profit-Orientierung in Abgrenzung zu kommerziellen Großverlagen. Der Begriff und seine Bedeutung wird in der OA-Community noch diskutiert (z.B. in dem Beitrag “Lost in Translation“ von Toby Steiner) und empfohlen wird teilweise auch, den Begriff zu ersetzen durch Community-led OA, welcher die Zielsetzung und das Spektrum dieser Initiative besser ausdrückt.

Fair OA

Die Fair Open Access Alliance bezog sich bei der Formulierung ihrer Grundsätze vor allem auf Zeitschriften und deren Organisation. Diese Grundsätze umfassen die Entkoppelung von Gebühr und Publikation im Finanzierungsmodell und das Prinzip, dass die Zeitschriften von Forschenden geführt werden. Sie beziehen sich aber auch explizit auf den rechtlichen Aspekt, dass das Urheberrecht bei den Forschenden verbleibt und Open-Access-Lizenzen für die Inhalte vergeben werden. Not-for-profit wird hier implizit gefordert durch die Forderung nach transparenten und niedrigen Kosten, die immer im Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen müssen.

Fair OA als Sammelbegriff

Diamond, Scholar-led bzw. Community-led und Fair OA – die Begriffe sind eng verknüpft und zeigen die Vielseitigkeit der verschiedenen Bewegungen. Die Fair-OA-Bewegung bildet damit auch selbst ab, was im wissenschaftlichen Publikationssystem angestrebt wird: mehr Vielseitigkeit, mehr Kreativität und Spielraum für neue Initiativen. Um dies zu ermöglichen, stellt die UB explizit finanzielle Mittel zur Verfügung

Der Fair-OA-Fonds der TU Berlin

Die TU Berlin begründet einen Fair-OA-Fonds, aus dem faire Publikationsinitiativen und Infrastrukturprojekte gefördert werden. Ziel ist es, die Finanzierung in diesem Bereich noch weiter auszubauen. Auf unserer Fair Open Access Webseite stellen wir den neuen Fair-OA-Fonds vor. Mit dem Fonds folgen wir den Empfehlungen und Aufrufen von Wissenschafts- und Förderorganisationen, einige davon werden auf der Webseite genannt und beschrieben. Die Förderkriterien umfassen die oben genannten Konzepte zu Scholar-led, Diamond und Fair Open Access. Einige faire Publikationsinitiativen und Infrastrukturprojekte werden bereits jetzt durch die UB gefördert und viele Forschende der TU Berlin nutzen diese Angebote bereits. Wir werden hier im Blog noch verschiedene Projekte sichtbar machen und freuen uns über Anregungen, Ideen und Hinweise darauf, welche neuen Projekte vorgestellt oder finanziert werden könnten.

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