Mit dem Kulturwandel in der Wissenschaft hin zu Open Science wandeln sich die Aufgaben und das Selbstverständnis wissenschaftlicher Bibliotheken. Über das traditionelle Aufgabenspektrum der Informationsversorgung hinaus wachsen den Bibliotheken mehr und mehr wissenschaftsunterstützende Services zu, insbesondere rund um das Publizieren. Wissenschaftler*innen sind mit neuen und komplexen Anforderungen an das Publizieren konfrontiert. Es gilt, sie nicht nur in ihrer Rolle als Leser*innen, sondern auch in ihrer Rolle als Autor*innen zu unterstützen.
Die Universitätsbibliothek der TU Berlin stellt sich diesem gestiegenen Bedarf und den veränderten Anforderungen: Sie ist kompetente Partnerin bei der Vorbereitung, Veröffentlichung und Finanzierung sowie dem Monitoring von Publikationen. Die Weiterentwicklung und Bündelung der bereits aufgebauten Strukturen zu einer Hauptabteilung Publikationsdienste ist somit eine bewusste Positionierung des Themas Publizieren innerhalb der Bibliothek – und innerhalb der Universität.
Am 14.11.2018 erhielt die Allianz der Wissenschaftsorganisationen die Karl-Preusker-Medaille 2018. Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist der Zusammenschluss der bedeutendsten Wissenschafts- und Forschungsorganisationen in Deutschland. Sie unterstützt die Bibliotheken seit zehn Jahren mit ihrer Schwerpunktinitiative „Digitale Information“. Die Bundesvereinigung Bibliothek & Information Deutschland würdigt mit der Auszeichnung das herausragende Engagement der Allianz zugunsten der Entwicklung einer modernen Bibliotheksinfrastruktur.
Die Laudatio auf der Festveranstaltung am 14.11.2018 im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin wurde von Prof. Dr. Ulrich Pöschl, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, gehalten.
Um es gleich vorweg zu nehmen: TU-Angehörige werden aller Voraussicht nach auch ab dem 1.1.2018 Artikel aus Elsevier-Journalen lesen können. Das Präsidium und die Universitätsbibliothek der TU sind zuversichtlich, dass es im Rahmen der DEAL-Verhandlungen eine Einigung mit dem Verlag Elsevier geben wird.
Es hat sich etwas geändert im Umgang mit dem Thema Open Access. Gewiss ist das Thema nicht neu. Im Gegenteil, seit vielen Jahren ist es präsent auf bibliothekarischen Fachveranstaltungen; die Vorreiter und Fürsprecher in der Szene sind bekannt und geschätzt. Zugleich galt aber auch: Über Open Access wurden zwar intensive Debatten geführt, in den bibliothekarischen Alltag einer durchschnittlichen Universitätsbibliothek haben diese aber kaum Eingang gefunden. Es gab eine seltsame Diskrepanz zwischen den teils stark akademisch geprägten, teils mit Robin-Hood-Attitüde geführten Diskussionen der ExpertInnen und dem bibliothekarischen Betrieb vor Ort. Welche unmittelbare Bedeutung hatte Open Access für den Diplombibliothekar im Geschäftsgang, für die Auskunftsbibliothekarin am Info-Tresen, für die Fachreferentin im Kontakt mit ihrer wissenschaftlichen Zielgruppe? De facto führte das Thema im Bibliotheksalltag ein Nischendasein, nur wenige Personen der Belegschaft befassten sich intensiver damit.
Die TU Berlin unternimmt große Anstrengungen, um die Versorgung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit aktueller Literatur für Forschung und Lehre zu sichern. Jährlich investiert die Universitätsbibliothek 1,6 Millionen Euro allein für den Zugang zu wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Jedoch haben wenige große, international tätige Wissenschaftsverlage ihre Marktmacht durch fortschreitende Konzentration permanent ausgebaut und über Jahre hinweg eine immer aggressivere Preispolitik betrieben. Die Erwerbungsetats der wissenschaftlichen Bibliotheken halten hier nicht mehr Schritt.
Die „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“ vom 22.10.2003 ist die zentrale programmatische Grundlage der internationalen Open-Access-Bewegung. Erstunterzeichner waren 2003 u.a. die großen deutschen Wissenschaftsorganisationen (Akademie der Wissenschaften, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Wissenschaftsrat, Hochschulrektorenkonferenz) sowie führende internationale Forschungs- und Kultureinrichtungen.
Prof. Vera Meyer (FG Angewandte und Molekulare Mikrobiologie der Fakultät III) ist die neue Open Access-Beauftragte der TU Berlin. Zum Start haben wir sie zu ihrem neuen Amt befragt:
UB: Wir freuen uns sehr, dass Sie das Amt der Open Access-Beauftragten für die TU Berlin übernehmen. Warum ist Open Access für Sie als Wissenschaftlerin wichtig?
VM: Ich will vor allem unbehindert forschen können. Dazu gehört zum einen, dass ich die Forschungsergebnisse von anderen rezipieren kann, und zum anderen dass meine Ergebnisse von anderen gelesen und weitergedacht werden können. Das hat für mich auch eine ethische Komponente: Wissen sollte frei verfügbar sein, wo auch immer in der Welt! Open Access – also der ungehinderte und breitestmögliche Zugang zu Forschungsergebnissen – ist für mich also unabdingbar! Open Access erhöht dadurch auch die eigene Sichtbarkeit erheblich, denn das Leseverhalten der Forschergemeinde hat sich in den letzten Jahren verändert. Publikationen müssen sofort downloadbar sein, sonst werden sie nicht gelesen. Der Aufwand, die Autoren anzuschreiben oder 40 Euro für einen bezahlten Download zu überweisen, wird selten betrieben. Und zu guter Letzt: An unserem Fachgebiet forschen wir im Bereich Big Data, da sind Online- und Open Access-Journale ideal, denn zehn/hundertausende Datenpunkte sind meist nur schlecht oder gar nicht in Print-Journalen darstellbar.
UB: Welche Aufgaben bringt das Amt der OA-Beauftragten mit sich?
VM: Primär geht es um das Strategische: Ich werde das TU-Präsidium bei strategischen Entscheidungen zu Open Access beraten. Ein enger Kontakt mit dem Open Access-Team der Universitätsbibliothek wird dabei unabdingbar sein. Denn hier liegt auch zukünftig die Verantwortung für das operative Geschäft. Wenn Sie als TU-Angehöriger Fragen zum Open Access-Publizieren haben, ist das OA-Team der UB die erste Anlaufstelle. Ich sehe meine Aufgabe darin, innerhalb der TU für Open Access und mehr Offenheit in der Wissenschaft zu werben.
UB: Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Open Access?
VM: Das Thema ist unglaublich komplex! Es geht um rechtliche und technische Fragen, aber auch um Reputation, die Kultur des wissenschaftlichen Publizierens und die Frage, wie man das finanziell umsetzen kann. Das Ziel ist ja, dass bis 2020 mindestens 60 % der Zeitschriftenartikel der Berliner Einrichtungen Open Access verfügbar sind, so wie es die Open Access-Strategie des Berliner Senats vorsieht. Wollen und können wir das erreichen? Und wenn ja, wie? Wir müssen darüber reden, was diese Forderung für unsere bisherigen Abläufe beim Publizieren bedeutet. Und auch welche Bedeutung das in den verschiedenen Disziplinen der TU Berlin hat. Welche Unterstützung können wir als TU den Autorinnen und Autoren bieten? Was bedeutet OA für die Finanzierung der Informationsversorgung? Es gibt unzählige Dinge, über die wir uns gemeinsam an der TU Berlin Gedanken machen müssen – um die neue Möglichkeiten des Open Access aufzuzeigen und dafür zu werben, dass alle interessierten Gruppen – auch die aus der Öffentlichkeit – Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen bekommt.