Zum Abschluss unserer Interviewreihe zur Open Access Week 2021 sind wir heute im Gespräch mit Prof. Dr. Sabine Hark vom Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG) der Fakutltät I. Sabine Hark berichtet über die Plattform GenderOpen sowie die große Bedeutung von Open Access für die Gender Studies und fordert mehr finanzielle Mittel zum Aufbau einer öffentlichen Infrastruktur für Open Access.
UB: Open Access ist ein strategisches Ziel der TU Berlin. Wie sieht das in Ihrem Forschungsalltag aus? Ist Open Access ein Begriff? In welchen Kontexten nehmen Sie Diskussionen zu Open Access wahr?
SH: In Tat und Wahrheit ist Open Access im wissenschaftlichen Alltag als Diskussionsthema immer noch ein Thema eher am Rande. In der konkreten Forschungs- und Publikationspraxis nimmt es dagegen an Bedeutung zu, wobei die Möglichkeiten, Open Access zu publizieren noch besser bekannt gemacht werden müssen. Und gerade während des Lockdowns war der Online-Zugriff auf wissenschaftliche Literatur und Daten natürlich ein großer Vorteil für die wissenschaftliche Community.
UB: Open Access hat den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Information zum Ziel. Sie sind Mitinitiatorin der Plattform „GenderOpen“, dem Open-Access-Repositorium für die Geschlechterforschung, das seit Dezember 2017 online ist. Können Sie uns ein wenig über dieses Engagement in Ihrem Fachgebiet erzählen?
SH: Für die Gender Studies ist Open Access und besonders unser Repositorium von großer Bedeutung. Es gibt wenige Bibliotheken, die systematische Bestände der Literatur der Geschlechterforschung haben. Hier war und ist ein dringender Bedarf für Forschende und Studierende, den Zugang zur Literatur zu verbessern. Vieles, was vor dem digitalen Zeitalter publiziert wurde, muss überhaupt erst einmal digitalisiert werden, damit es weiterhin zur Verfügung steht. Das sind nur zwei Aspekte, die wir mit GenderOpen bearbeiten.
UB: Gab es bereits konkrete Situationen in Ihrem Forschungsalltag, in denen Open Access hilfreich war?
SH: Der direkte Zugriff auf Literatur dank Open-Access-Verfügbarkeit erleichtert den Forschungsalltag ungemein. Wie schon gesagt, war das gerade in den vergangenen 2 Jahren aufgrund von pandemiebedingten Bibliotheksschließungen die Rettung in Forschung und Lehre.
UB: Bis 2025 sollen laut der Digitalstrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 70 Prozent aller neu erscheinenden wissenschaftlichen Publikationen in Deutschland ausschließlich oder zusätzlich Open Access veröffentlicht werden. Erscheint Ihnen dieses Ziel sinnvoll? Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern, damit dieses Vorhaben gelingen kann?
SH: Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen noch viel mehr Mittel in die öffentliche Infrastruktur für Open Access fließen. Ein Gebühren-finanziertes Modell wird nicht funktionieren und ist teilweise ja viel teurer als Print-Publikationen. Ausschließlich Open Access würde ich auch nicht gut finden, hänge doch auch noch sehr an gedruckter Literatur.
UB: Kurz und knapp in einem Satz: Was finden Sie gut an Open Access?
SH: Open Access ist ein Motor für die Demokratisierung von Bildung und Wissenschaft – wenn sie gemeinwesenbasiert ist und nicht kapitalgetrieben.
UB: Geben Sie uns zum Abschluss einen Einblick in Ihr Forschungsfeld für Disziplinfremde. Mit welchen Fragen und Erkenntnissen beschäftigen Sie sich?
SH: Die Geschlechterforschung versteht Geschlecht als historisch gewordenen Komplex und geht der Frage nach, wie Geschlecht gesellschaftliche, kulturelle, sprachliche, technologische, wissenschaftliche und mediale Wirklichkeiten strukturiert und selbst durch und in diesen strukturiert wird.
UB: Herzlichen Dank für das Interview!
Zur Person
Sabine Hark leitet das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG) an der TU Berlin. Hark ist Soziolog*in und „… schon immer daran interessiert, zu verstehen, wie Welt und Gesellschaft funktionieren“.
Zu den weiteren Teilen der diesjährigen Interviewreihe:
Dzifa Ametowobla (Fachgebiet Digitalisierung der Arbeitswelt): „Open Access braucht nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern vor allem kluge Strategien und eine Zusammenarbeit aller Institutionen der Wissenschaft.“
PD Dr. Jan Pfetsch (Fachgebiet Pädagogische Psychologie): „Ich veröffentliche gern Manuskripte und Forschungsberichte Open Access, um die Sichtbarkeit meiner Forschungsergebnisse zu erhöhen.“
Irmela Roschmann-Steltenkamp & Adina Stern (Zentrum für Antisemitismusforschung): „Open Access spart in der Erwerbung für unsere Bibliothek Geld und Arbeit. Frei zugängliche Literatur ist für den Forschungs- und Arbeitsalltag von großer Bedeutung.“
Dr. Thomas Meyer (Fachgebiet Maschinen- und Energieanlagetechnik): „Dank Open Access ist Schluss mit Zugangsbeschränkungen und der erschwerten Weiterverwendung von Konferenzbeiträgen, auch über die eigentlichen Konferenzen hinaus.“
Übersicht aller bislang in der Interviewreihe erschienenen Beiträge.
Ausstellung aller Open-Access-Statements auf dem Flickr-Profil der Universitätsbibliothek.
Ich finde das eine sehr gute Initiative! Der Zugang zu Wissenschaft sollte frei sein, auch wenn sich vielleicht nicht jeder dafür interessiert und lieber YouTube & TikTok guckt ;)