„Open Access sorgt für die Gleichheit an der Startlinie der Forschungsarbeit.“

Für die Interviewreihe sind wir heute im Gespräch mit Dr. Dragan Marinkovic vom Institut für Mechanik an der Fakultät V. Er berichtet unter anderem über seine Motivation zur Herausgabe des OA-Journals Facta Universitatis. Series Mechanical Engineering.

UB: Open Access ist ein strategisches Ziel der TU Berlin. Wie sieht das in Ihrem Forschungsalltag aus? Ist Open Access ein Begriff? In welchen Kontexten nehmen Sie Diskussionen zu Open Access wahr?

DM: Open Access wird immer mehr zum dominierenden Begriff und das ist aus guten Gründen so. Eine Forschung fängt typischerweise mit Literaturrecherche an. Und wenn nach umfangreicher Forschungsarbeit Ergebnisse vorhanden sind, wünschen sich vermutlich alle Forschenden diese barrierefrei den Kolleg*innen zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne ist der Open-Access-Zugang von Publikationen von entscheidender Bedeutung. Nach meiner Wahrnehmung ist es immer öfter eines der Hauptkriterien bei der Auswahl der Journale.

UB: Open Access hat den offenen Zugang zu wissenschaftlicher Information zum Ziel. Sie sind als Editor bei einem OA-Journal tätig (Facta Universitatis. Series Mechanical Engineering). Was motiviert Sie dazu?

DM: Als ich Ende 2013 die Aufgaben des Chefredakteurs übernommen habe, hatte ich von Beginn an die Vorstellung, dass das Journal weiterhin im Open-Access-Format publiziert wird, unabhängig davon, ob es im Laufe der Zeit wichtige Indizes erreichen würde (wie z.B. SCIE bei Web of Science und SJR bei Scopus). Gestartet sind wir ohne nennenswerten Index, aber nach dem letzten Journal Citation Reports (JCR2022) von Clarivate Analytics hat das Journal einen hohen Impact Factor erreicht. Darüber hinaus habe ich auch darauf bestanden, dass Publikationen im Journal ohne Kosten für die Autor*innen erfolgen. Das Journal erhebt keine APC (Article Processing Charge), was allerdings eine große finanzielle Herausforderung für uns darstellt. Ich wollte allen Kolleg*innen ein Venue anbieten, ihre Forschung und Ergebnisse zu präsentieren.

Foto: Lilly Thiel / Satz: Hannelore Stöcklein / Alle Rechte vorbehalten

UB: Gab es bereits konkrete Situationen in Ihrem Forschungsalltag, in denen Open Access hilfreich war?

DM: Ein Vorteil von Open Access zeigt sich bei jeder Literaturrecherche – die schnelle, einfache Verfügbarkeit. Daran wird man immer wieder erinnert, wenn ein Manuskript zum Einreichen bei einem Journal o.ä. vorbereitet wird. Das Gleiche gilt auch für Projektanträge. Besonders deutlich wurden mir die Vorteile von Open Access, als ich 2019 einen Übersichtsartikel über FEM-basierte Echtzeitsimulation verfasst habe – und ich entsprechend Zugriff auf sehr viele Publikationen brauchte.

UB: Bis 2025 sollen laut der Digitalstrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 70 Prozent aller neu erscheinenden wissenschaftlichen Publikationen in Deutschland ausschließlich oder zusätzlich Open Access veröffentlicht werden. Erscheint Ihnen dieses Ziel sinnvoll? Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern, damit dieses Vorhaben gelingen kann?

DM: Ich bin der Meinung, dass das Ziel sinnvoll und erreichbar ist. Dazu wäre es wichtig Open-Access-Publikationen zu unterstützen. Das Journal, in dem ich als Chefredakteur tätig bin, erhebt zwar keine APC, aber viele andere OA-Journale verlangen Publikationsgebühren (APC) von den Autor*innen. Und sehr oft handelt es sich um große Summen (aktuell sogar weit über 2.000 Euro pro Artikel). Daher ist eine entsprechende finanzielle Unterstützung entscheidend. In diesem Sinne bietet der Publikationsfond der TUB unseren Kolleg*innen eine tolle Unterstützung an und ich hoffe, dass jeder von uns ihre Bedeutung erkennt und schätzt. Ich bin aber auch der Meinung, dass die Publikationsgebühren, wenn diese schon nicht vermeidbar sind, begrenzt werden sollten, sonst besteht die Gefahr, einer starken Kommerzialisierung. Wenn wir ganz ehrlich sind, geht es bei einigen Verlagen schon längst in diese Richtung und das ist die Kehrseite der Medaille.

UB: Kurz und knapp in einem Satz: Was finden Sie gut an Open Access?

DM: Open Access sorgt für die Gleichheit an der Startlinie der Forschungsarbeit – dank Open Access hat jeder, unabhängig finanzieller Möglichkeiten, freien Zugang zu weltweiten Forschungsergebnissen und kann der ganzen Welt eigene Ergebnisse barrierefrei präsentieren.

UB: Geben Sie uns zum Abschluss einen Einblick in Ihr Forschungsfeld für Disziplinfremde. Mit welchen Fragen und Erkenntnissen beschäftigen Sie sich?

DM: In meiner Forschung beschäftige ich mich vor allem mit der Entwicklung und Anwendung der Finite-Elemente-Methode (FEM) im Bereich Strukturanalyse und besonders aktiv bin ich auf dem Gebiet der interaktiven Echtzeitsimulation (Real-Time Simulation) mit Hilfe der FEM. Außerdem forsche ich auch im Bereich der Faserverbundwerkstoffe, wie auch Smart Structures. Durch meine Tätigkeit an der Maschinenbaufakultät der Universität in Niš stellen auch Logistik und Fördertechnik allgemein für mich ein sehr interessantes Forschungsfeld dar, insbesondere die Entwicklung und Anwendung der Multi-Criteria Decision Making (MCDM) Methoden.

Zur Person

Dr.-Ing. Dragan Marinkovic ist Dozent am Institut für Mechanik der TU Berlin, Fachgebiet für Strukturmechanik und Strukturberechnung, und zugleich Professor an der Maschinenbaufakultät der Universität in Niš, Serbien, Lehrstuhl für Fördertechnik und Logistik. Er ist Editor-in-Chief der Zeitschrift Facta Universitatis series Mechanical Engineering, und ist auch aktiv als Gast Editor in weiteren wissenschaftlichen Journalen.

Zu den weiteren Teilen der Interviewreihe (2022):

Dr. Guilia Simonini (Fachgebiet Wissenschaftsgeschichte); „Hohe Kosten für Open Access müssen sinken und streng reglementiert werden.“

Prof. Dr. Beate Krickel (Fachgebiet Philosophie der Kognition): „Was sollte gut daran sein, wenn der Zugang zu Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Diskursen beschränkt oder erschwert ist?“

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