2020 war weltweit ein kompliziertes Jahr. Niemand hätte die Entwicklungen voraussehen können.
Die Corona-Pandemie hat verdeutlicht, welche Bedeutung die freie Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen hat. Es war ein Jahr, in dem die Wissenschaftskommunikation mehr als jemals zuvor in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Das Themenfeld des wissenschaftlichen Publizierens erfuhr eine besondere Aufmerksamkeit. Plötzlich tauchten die Begriffe Preprint und Peer Review auch in der Tagespresse auf. Das Interesse am Umwandlungsprozess von Produkten des Forschungsprozesses in Publikationen war groß, ebenso wie das an der Qualitätssicherung oder der endgültigen Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, die in nachfolgenden Studien weltweit immer wieder genutzt, verifiziert und weiterentwickelt werden. Der Forschungsprozess rund um Covid-19 war öffentlich wie kein anderer vorher. Das brachte auch für unsere Abteilung besondere Anforderungen mit sich.
Parallel änderte sich die Arbeitsweise der Abteilung ab März von einem Tag auf den anderen. Der Umstieg ins Homeoffice fiel uns inhaltlich leicht, weil die Themen der Abteilung bis auf das Handling von Druckexemplaren in der Dissertationsstelle und im Universitätsverlag im Wesentlichen ohnehin digital ablaufen. Der IT-Support hat es geschafft, uns in wenigen Tagen auch im Homeoffice arbeitsfähig werden zu lassen.
Jedoch war es mental eine Umstellung. Das Miteinander ist schwieriger, die soziale Interaktion und der gewohnte unterschwellige Humor fehlen einfach. In Webmeetings kommt die nonverbale Kommunikation über Mimik und Gesten zu kurz. Die Gleichzeitigkeit von Kommunikation ist nur begrenzt möglich. Oft ist die enge Folge von Webmeetings ermüdend. Auch die Arbeitsbedingungen am heimischen Küchentisch ganz besonders bei paralleler Kinderbetreuung sind herausfordernd und die fehlende Bewegung tut ihr Übriges. Aber wir haben auch die Vorteile von Webmeetings zu schätzen gelernt: keine langen Anfahrtswege zu externen Veranstaltungen, eine große Ernsthaftigkeit, ergebnisorientierte Diskussionen, eher mehr, dafür aber kürzere Absprachen.
Dank der großen Adaptionsfähigkeit und der gegenseitig immer wieder aufmunternden Worte konnte 2020 auch unter den schwierigen Bedingungen viel bewegt werden.
Hauptabteilung Publikationsdienste
Am 1.1.2020 wurde aus der Sonderabteilung Open Access/Universitätsverlag/Dissertationen die Hauptabteilung Publikationsdienste. Mit dieser Weiterentwicklung der bisherigen Strukturen wurde das Thema Publizieren mit seinen acht Themenfeldern bewusst neu positioniert – innerhalb der Bibliothek und innerhalb der Universität.
Open Access
Open-Access-Aufsätze
Seit dem 1.1.2017 bietet die Universität mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen Publikationsfonds an: TU-Angehörige können die Kostenübernahme von Gebühren für Artikel in Open-Access-Zeitschriften beantragen. Aber auch übergreifende Verträge mit bestimmten Verlagen spielen eine wichtige Rolle: So können TU-Angehörige kostenfrei in Zeitschriften von Wiley, Springer Nature und der Royal Society of Chemistry publizieren – eine Antragstellung ist nicht erforderlich. Auch für genuine Open-Access-Verlage wie MDPI, Copernicus und Frontiers ist aufgrund von Rahmenverträgen keine Antragstellung erforderlich.
Aus dem Publikationsfonds konnten 2020 193 (2019: 86) Artikel in echten Open-Access-Zeitschriften gefördert werden; dafür wurden insgesamt ca. 277.000 € (2019: ca. 123.000 €) ausgegeben. Die durchschnittliche APC betrug ca. 1.435 € (2019: 1.430 €). Fast die Hälfte der geförderten Artikel entfallen auf den Verlag MDPI (99, 2019: 26), 31 (2019: 16) sind bei Frontiers und 18 (2019: 14) bei SpringerNature erschienen. Wie jedes Jahr meldete das Open-Access-Team Angaben über die Zahlungen für Open-Access-Zeitschriften an das Projekt openAPC, so auch für das Förderjahr 2020.
Open-Access-Bücher
Seit März 2018 steht den Angehörigen der TU Berlin ein Publikationsfonds für Open-Access-Bücher zur Verfügung. Seitdem wurden Anträge für die Förderung von 47 Büchern in Höhe von insgesamt 288.000 € bewilligt. 12 Titel sind erschienen. Sie wurden mit 72.381 € aus dem Fonds unterstützt, davon 7 bei Springer, 2 bei transcript und jeweils ein Buch bei den Verlagen Peter Lang, Ruby Press Berlin und Büchner. Bei Büchern ist eine anteilige Finanzierung bis zur Förderhöchstgrenze möglich, darüber hinaus gehende Kosten sind von den Antragsteller*innen selbst zu tragen. An OpenAPC wurden die vollen OA-Kosten (84.500 €) gemeldet.
Open-Access-Zweitveröffentlichungen
Es ist für Autor*innen nicht leicht zu überblicken, wann und in welcher Form Publikationen zweitveröffentlicht werden dürfen. Dafür bietet die Universitätsbibliothek Unterstützung an. Auch wenn das Angebot der Überprüfung ganzer Publikationslisten der Autor*innen der TU Berlin auf Grund der großen Nachfrage leider auch im vergangenen Jahr eingeschränkt blieb, konnten 2020 nach sorgfältiger Prüfung der Rechte 977 Zeitschriftenartikel, Buchkapitel und Konferenzbeiträge auf dem Repositorium DepositOnce zweitveröffentlicht werden.
Dissertationen
Die Dissertationsstelle hat im Jahr 2020 410 Dissertationen der TU Berlin veröffentlicht (zum Vergleich: 488 in 2017, 449 in 2018, 528 in 2019). Davon sind 283 direkt als Online-Dissertationen eingereicht worden, insgesamt stehen 299 (72,9 %) Dissertationen aus 2020 online auf dem Repositorium der TU Berlin DepositOnce zur Verfügung. Wie schon in den Vorjahren ist der Anteil der kumulativen Dissertation gestiegen: 77 Promovend*innen (18,8 %) nutzten diese Form (2019: 15,7 %). Für die Kolleginnen der Dissertationsstelle erfordern kumulative Dissertationen zahlreiche zusätzliche Arbeitsschritte: Gemeinsam mit den Promovend*innen klären sie für jeden enthaltenen Aufsatz, ob eine Einbindung in die Dissertation zulässig ist. Stehen keine rechtlichen Gründe dagegen, werden die in den kumulativen Dissertationen enthaltenen Aufsätze zusätzlich einzeln auf dem Repositorium veröffentlicht, um den Zugang zu ihnen zu erleichtern.
Habilitationsschriften: 2020 wurden zudem 8 Habilitationsschriften auf dem Repositorium DepositOnce veröffentlicht.
Universitätsverlag der TU Berlin
Im Universitätsverlag der TU Berlin wurden 2020 41 neue Bücher veröffentlicht. Alle Titel sind online erschienen – 5 ausschließlich online, 36 online und zugleich gedruckt. 36 Neuerscheinungen (ca. 87,8 %) wurden unter der Open-Access-konformen Lizenz CC BY veröffentlicht. Die meisten Publikationen erschienen in einer der Schriftenreihen des Verlages. Der Verlag pflegt 30 Schriftenreihen, 18 davon waren 2020 aktiv. Druckexemplare können über den Webshop des Verlages und über den Buchhandel bestellt werden.
Seit November 2020 arbeitet der Universitätsverlag mit einer professionellen Verlagssoftware. Im Zentrum der frischen, neuen Verlagswebseite steht der Webshop, der die 602 lieferbaren gedruckten Titel und alle Online-Publikationen unter einer modernen Oberfläche präsentiert.
Das Jahr 2020 war geprägt von den Vorbereitungen auf den im Rahmen des BUA-Projektes Distributed Network for Publishing Services aufzubauenden wissenschaftlichen Open-Access-Verlag über Freie Universität, Humboldt Universität, Technische Universität und Charité hinweg. Im Frühjahr 2021 soll das Projekt starten.
Repositorium
Auf dem Repositorium der TU Berlin DepositOnce wurden 2020 1.473 Textdokumente veröffentlicht, 66,3 % davon sind Zweitveröffentlichungen (977). Ende 2020 waren über 10.600 Publikationen von TU-Angehörigen über DepositOnce frei verfügbar. Das Open-Access-Team betreut die Veröffentlichung dieser Text-Publikationen. Die Kolleg*innen vom Servicezentrum Forschungsdaten (SZF) veröffentlichen parallel Forschungsdaten auf dem Repositorium. Das IT-Team der Universitätsbibliothek betreut das Repositorium technisch und führt regelmäßig kleine und große Verbesserungen ein.
Publikationen rund um Covid-19 wurden vom Repositorien-Team bevorzug bearbeitet, um sie der Öffentlichkeit so schnell wie möglich zugänglich zu machen. Die Suche in DepositOnce ergibt aktuell 87 Treffer für „Covid-19“ (Stand 22.3.21), darunter 23 Artikel, 22 Reports und 21 Preprints.
Für Preprints nutzen TU-Angehörige in der Regel Preprintserver (z.B. arXiv oder bioRxiv). Im Jahr 2020 gab es aber auch eine gehäufte Nutzung des TU-Repositoriums für Preprints: Während in 2018 und 2019 nur 1 bzw. 8 Preprints über DepositOnce veröffentlicht wurden, stieg die Zahl 2020 auf 21.
Monitoring / Bibliometrie / ORCID
Wie viel und wo publizieren TU-Angehörige? Wie hoch ist der Anteil an Open-Access-Publikationen? Für welche Verlage lohnt sich rechnerisch ein Vertragsabschluss, um das Open-Access-Publizieren weiter zu fördern und administrative Hürden zu senken? Diese Art Fragen sind Alltag für die Kolleginnen der Universitätsbibliothek, die unter dem Stichwort „Monitoring“ Erkenntnisse zusammentragen.
Die Berliner Open-Access-Strategie forderte bis 2020 eine Steigerung des Anteils von Open-Access-Aufsätzen auf 60 %. Eine detaillierte Analyse für das Publikationsjahr 2020 steht noch aus, laut einer vorläufigen Schätzung liegt der Open-Access-Anteil für 2020 zwischen 63 und 65 Prozent (ca. 52 % für 2019).
Bibliometrie: Seit 2019 berät die Universitätsbibliothek TU-Angehörige zu allen Themen rund um das Thema Bibliometrie. Im Jahr 2020 wurde im Auftrag der Universitätsverwaltung eine umfangreiche Studie zum internationalen Kooperationsverhalten der Wissenschaftler*innen der TU Berlin in den letzten 30 Jahren angefertigt.
ORCID: Die Beratung zur Open Researcher and Contributor ID (ORCID) wurde auch 2020 fortgesetzt. Im Oktober 2019 hat die TU Berlin die Affiliationsrichtlinie veröffentlicht und empfiehlt darin allen Angehörigen der Universität, sich bei ORCID zu registrieren und dort die Affiliation zur TU Berlin anzugeben.
Beratung / Vorträge / Workshops / Social Media
Ein zentrales Aufgabengebiet im Umfeld des Open-Access-Publizierens sind die täglichen Beratungsgespräche zu Veröffentlichungs- und Finanzierungsmöglichkeiten und zu urheberrechtlichen Fragen. Auf Grund der besonderen Situation ging die Anzahl der Vorträge in 2020 etwas zurück, dafür stieg die Zahl der individuellen Beratungen deutlich. Besondere Aufmerksamkeit erforderten vier Vorträge beim Global Center of Spatial Methods for Urban Sustainability, mehrere Vorträge auf Online-Tagungen, 17 Beiträge im Blog „Publizieren an der TU Berlin“ sowie unzählige Tweets. In der internationalen Open Access Week fanden u. a. eine virtuelle Posterausstellung statt und die Interviewreihe mit Wissenschaftler*innen der TU zum Open-Access-Publizieren wurde mit vier neuen Interviews fortgeführt. Besonders erfolgreich waren sechs 8-minütigen Online-Schulungen zum Thema Open Access: Introduction to Open Access, Open Access for journal articles, Open Access for books, Open Access Agreements @Tu Berlin, Open Access: preprints & self-archiving und Creative Commons Licences.
(Update 06.02.2023: Links aktualisiert)